Deutsche Sitten – gesehen von einem blinden Japaner
									
						
						Im Bremer Mocambo-Verlag ist ein Buch von Tatsunaga Totsuka erschienen,
Original 2014 in einem Punktschrift-Journal in Tokyo. Herr Totsuka war zweimal
							länger in Bremen, Ende der achtziger Jahre im Goethe-Institut und von
							1995 bis 1997 als Auslandsstudent an der Bremer Universität.
							Dazu ein einfühlsames Vorwort von Dr. Joachim Steinbrück,
							Landesbeauftragter für Behinderte im Land Bremen. Daraus folgendes
Zitat: „Tatsunaga erkundet Deutschland“ zeigt, wie ein Japaner uns
							Deutsche wahrnimmt. Und es ist nicht einfach nur ein Japaner, der seinen
							Aufenthalt in Deutschland beschreibt, sondern es ist ein nicht sehender
							Japaner, der uns zeigt, wie er Deutschland sieht.
							
							Die Übersetzung wurde von Axel Knapp angefertigt, ein Bremer Urgestein
							und Sprachengenie, soweit ich natürlich nur das deutsche Buch beurteilen
							kann,  wirkt sie auf mich lebendig. Die Übersetzung ist schon wegen der großen Unterschiede in Schrift und Phonetik nicht einfach, umso höher ist das
Wagnis eines blinden Japaners sich auf eine sehr fremde Kultur (Deutschland) einzulassen.
							
Die  japanische Schrift besteht  aus einer Mischung von chinesischen
Zeichen und einer Silbenschrift, die sich fast nur aus einem Konsonanten plus
einem Vokal zusammen setzt. Entsprechend gibt es viele Silben!
Zum Beispiel Yamamoto,so heisst  die japanische Mitbewohnerin von Axel Knapp, die beide tragen das Herbstgedicht von Heine auf der Heine-Bank in Bremen vor, in Japanisch, zu sehen auch auf dieser website www.lyrikradio.de.
						 
							Mein Name z.B. mit vielen Konsonanten (Wilfried) hört sich japanisch ungefähr so an Uirufurido. Wörter wie Brust oder Wurst mit vielen Konsonanten sind entsprechend schwer, dies bemerkt Totsuka bei seinen ersten Einkaufsversuchen in  einer Schlachterei, statt der berühmten
							deutschen Wurst versteht die Verkäuferin  „Brust“ und ist etwas irritiert.
Überhaupt Brot und Wurst als vorherrschende Lebensmittel sind auch für Totsuka irritierend.
							
							So können wir viele alltägliche Dinge aus japanischer Sicht erleben, angefangen vom  sehr wechselhaften Wetter bis zu Reisen in Deutschland
							und Nachbarländern. Eine spannende Lektüre.
Übrigens, das Japanische beruht in Teilen auf der klassischen chinesischen Schriftsprache, wer sich darin auskennt hat einen leichteren Zugang zum Japanischen und auch zum Vietnamesischen.
								Also ran, Axel Knapp kann das doch auch!
							
							Wilfried Grünhagen im Februar 2016